Zwischenberichte der Behörde für Umwelt und Gesundheit

Kapitelende

Am 1. Juli 2003 hat die BUG Bestandsaufnahmen für den hamburgischen Teil der Gebiete von Alster, Bille, Elbe/Hafen, Moorburger Landscheide und Wedeler Au im Internet veröffentlicht. Die Umweltschutzorganisationen wurden aufgefordert, sich bis zum 15. September 2003 dazu zu äussern. "Rettet die Elbe" hat nach der ersten Durchsicht folgende Presseerklärung abgegeben:
 
Pressemitteilung Hamburg, den 03. Juli 2003
 

Behörde für Umwelt und Gesundheit (BUG) verringert Schutz der Elbe

Die BUG hat zur Erfüllung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) Zwischenberichte über die hamburgischen Gewässer veröffentlicht. Das grundlegend Neue an der WRRL ist, die Elbe nicht als Rinne zu betrachten, in der das mehr oder weniger saubere Wasser in die Nordsee fliesst, sondern als gesamtes Wassereinzugsgebiet mit all ihren Nebenflüssen. Alle Staaten und Behörden im Elbegebiet werden verantwortlich gemacht, seinen guten ökologischen Zustand durch angemessene Bewirtschaftung herzustellen und zu schützen. Um etwas zu schützen, muss man es kennen und zuerst eine Bestandsaufnahme machen. In Anbetracht der Lücken in den Berichten aus der BUG ist Schlimmes zu befürchten.

Bagatellregel missbraucht - Gewässersystem Wilhelmsburg existiert nicht

Gewässer mit einem Einzugsgebiet kleiner 10 Quadratkilometer müssen laut WRRL nicht namentlich, sondern als Netz von Gräben und Bächen beschrieben werden. Die BUG verletzt schon diese Regel, indem sie das 20 Quadratkilometer grosse Gewässersystem Wilhemsburg ignoriert. Sehr ausführlich dagegen sind die 10 Quadratkilometer der Flottbek in den Elbvororten untersucht. Die Bäche der Reichen werden geschützt, die Armen gucken in trübe Kanäle.

Keine Bilanzierung des Wasserdargebots

Wieviel Wasser im Einzugsgebiet nieder regnet, wieviel trotz Versiegelung versickert und Grundwasser und Quellen bei Trockenwetter speist, wieviel oberflächlich abfliesst und ggf. bei starkem Regen die Kapazität des Flussbetts übersteigt, ob Neubildung und Entnahme von Grundwasser ausgeglichen sind, kurz der Wasserhaushalt, wird in den Berichten nicht bilanziert.

Verschmutzungsquellen unterschlagen

Nach den Erfahrungen von "Rettet die Elbe" sind schon die einfachsten Datenbestände wie Wasserbuch und Einleitungskataster in einem desolaten Zustand. Daraus filtert die BUG nur Einleiter, die "signifikante" Mengen überschreiten. Der kurzen Liste der Einleiter im Hafen entnimmt man, das die Raffinerien Shell und Holborn und viele alte Bekannte wohl clean geworden sind, oder? Auch viele kleine Einleitungen können grossen Mist machen, also müssen sie gezählt werden. Ob sie eine signifikante Wirkung auf die Gewässer haben, weiss man erst hinterher. Mit der Diskussion um "Signifikanz" gibt die BUG das Prinzip auf, dass Belastungen minimiert werden müssen. Folglich könnte die BUG nicht nur der Airbus-Baustelle erlauben, ungekärte Abwässer einzuleiten, solange sie jede Einleitung für sich als nicht "signifikant" erklärt. In der WRRL wird mit Artikel 10 überdies ein "Integrierter Ansatz" für die Ermittlung der Belastungen direkt aus Einleitungsrohren als auch diffus aus Altlasten, Regenwasserabfluss, Landwirtschaft, Bodenerosion usw. gefordert. Hier macht es sich die BUG noch einfacher. Welche Gifte in welchen Mengen aus Altlasten sickern, tut die BUG mit dem treuherzigen Hinweis ab, es werde bald alles saniert. Immerhin ist der BUG bekannt, dass es gedüngte und gespritzte Ackerflächen in Hamburg gibt. Erosion sei aber kein Problem, weil nirgendwo in Hamburg Hangneigungen über 2% vorkämen - da empfehlen wir eine Radtour von den Landungsbrücken zum Süllberg. Völlig fremd ist der BUG die Idee, aus den Schornsteinen z.B. der Affi könnten auf dem Luftweg Schadstoffe in Gewässer rieseln. 

Schuld haben die Oberlieger

Untersuchungen in Gewässern werden von der BUG im unverhältnismässig grösseren Umfang durchgeführt als bei den Abwassereinleitern. An der Elbe werden z.B. an zwei Punkten 4mal jährlich Proben gezogen und auf ca. 100 chemische Parameter analysiert. Selbst aus dem Klärwerk Köhlbrandhöft/Dradenau wurde nicht eine Probe so scharf kontrolliert. Da die BUG es gar nicht wissen will, was aus Hamburg in die Elbe kommt (s.o.), dienen die Messungen dazu, den Oberliegern die Schuld zuzuweisen: "Da die Schadstoffbelastung bereits an der Oberstrom-Messstelle vorliegt und daher aus umweltrelevanten Aktivitäten der Elbe-Oberlieger resultiert..."(Zwischenbericht Elbe -Hafen). Und gibt es sonst einen Grund, für teures Geld die Alster an der Landesgrenze zu untersuchen, aber nicht an der Rathausschleuse? Sprechen die Ergebnisse doch einmal für eine Mitverantwortung Hamburgs, nämlich bei den immer tiefer werdenden frühsommerlichen Sauerstofflöchern, führt die BUG das ausschliesslich auf die von oberhalb stammende Algenblüte zurück, die gemeinerweise im Hafen abstirbt und unsern Sauerstoff zehrt.

Datenwerk inkonsistent und nicht fortschreibbar

Handwerklich war die BUG einmal weiter, z.B. beim Gutachten "Ökologische Darstellung des Unterelberaums" aus dem Jahr 1985. Damals wurde sehr sorgfältig darauf geachtet, dass die Daten zusammen passten. In den WRRL-Berichten wird jedoch die Landnutzungkartierung der EU "CORINE" aus den Jahren 1989 - 1991 mit Einleiterdaten aus 1999 und Gewässergütemessungen aus 2001 gemixt. Wobei diese und andere Datenquellen nirgendwo dokumentiert sind, geschweige denn dass sich die Autoren des Problems bewusst scheinen. Ohne Quellendokumentation kann die heutige Bestandsaufnahme nicht fortgeschrieben und ergänzt werden, was allerdings Kern der WRRL sein soll: ist verglichen mit 2003 im Jahr 2015 der gute ökologischen Zustand erreicht worden? Die Mitarbeiter der BUG arbeiten eher unter der Perspektive, im Jahr 2015 pensioniert oder eingespart zu sein. Obwohl erhebliche Datendefizite von der BUG konstatiert werden, wurde kaum versucht, die „Datenschätze“ zu heben, die in der BUG selbst, anderen hamburgischen Behörden, z.B. im Amt für Strom- und Hafenbau, Bundesbehörden, Forschungsinstituten und Umweltschutzorganisationen liegen.

Keine aktive Beteiligung der Öffentlichkeit

Aktive Beteiligung der Öffentlichkeit ist in Artikel 14 der WRRL vorgeschrieben. Die BUG beschied den Förderkreis "Rettet die Elbe" mehrmals seit 2001, aktive Beteiligung bestehe darin, die Zwischenberichte im Internet anzuklicken, wenn es dereinst so weit sei. Dabei hat die BUG nicht bedacht, dass sie doch eher aus unserem "Plan für die Elbe" (veröffentlicht 1988 auf Papier, 1997 im Internet) lernen könnte, wie man die Idee der WRRL umsetzt.
Die BUG versucht, die WRRL so auszulegen, dass sie Aufgaben wie die Führung eines Einleiterkatasters einspart. Unter dem Spardiktat werden auch andere Bundesländer dieser Versuchung erliegen. Darüber hinaus schleicht sich auch der Gedanke in die Bürokratenhirne, das Emissionsprinzip aufzugeben, das den Firmen Ärger und den Behörden Arbeit macht. Die Qualitätsziele werden als locker kontrollierte Grenzen verstanden, bis zu denen die Gewässer belastet werden können. Die WRRL-Berichte der BUG können, so gelesen, den Zweck erfüllen, die Umweltschützer und die Öffentlichkeit aufzuwecken.

Kapitelanfang

erstellt Juli 2003
update Feb. 2004



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