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Der Verkauf der HHLA ist verfassungswidrig

Der Börsengang

Bis 2007 war die Hamburgische Hafen und Logistik Aktiengesellschaft (HHLA) alleiniges Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH). Die HHLA war das Ergebnis der Investitionen und der Arbeit des Hamburger Volkes, verwaltet und geführt vom Senat. Wie er das zu tun hat, bestimmt das Volk in freier Wahl. Anfang der 2000er Jahre musste in die HHLA viel investiert werden, um die nach der Elbvertiefung und im Boom des globalen Seehandelsgestiegenen Erwartungen zu bedienen. Doch dem Hafen mangelte es an Kapital. So beschloss der Senat (CDU) , 30% der Anteile an der Börse zu verkaufen, aber nicht an einen strategischen Investor, sondern in Streubesitz. Besonders angesprochen wurden dabei von der Senatspressestelle im Mai 2007 die Hamburger:

"Durch die Aufnahme Hamburger Banken in das Konsortium wird sichergestellt, dass die Bürger der Stadt in besonderer Weise angesprochen werden und eine Beteiligung am Aktienkapital der HHLA erwerben können. Die Aktien der HHLA sollen im Rahmen des Teilbörsengangs breit gestreut werden. Die Erlöse dienen ausschließlich der Instandhaltung, Modernisierung und Erweiterung der Infrastruktur des Hafens."

Der Ausgabekurs von 53 Euro stieg in wenigen Tagen auf 63 Euro. Auch "Rettet die Elbe" (RdE) hatte die Einladung angenommen, mit einer Aktie, mehr darf ein gemeinnütziger Verein nicht besitzen. Die Aktie ist die Eintrittskarte zur Hauptversammlung, sie gewährt das Recht auf Rede, Anträge zu stellen, und über wichtige Fragen abzustimmen. Nicht nur RdE machte davon Gebrauch.

Aus dem Verkauf der Aktien erlöste der Senat 1,2 Milliarden Euro, die er über die Hafenbehörde (HPA) in den Hafen investierte. Statt dadurch den Wert auch des Unternehmens HHLA zu steigern, fiel der Börsenkurs binnen eines Jahres auf 20 Euro. Mit kleinen Zwischenhochs bis 35 Euro dümpelte die Aktie in 2023 den 11 Euro entgegen. Auch wenn jedes Jahr eine Dividende gezahlt wurde, war diese dem Einkaufspreis von 60 Euro nicht angemessen. Warum aber stürzte der Börsenkurs derart ab? In die Terminals, Bahngesellschaft und andere Anlagen wurde Jahr für Jahr investiert und ihr Wert erhöht. Oder ist das alles nur ein Börsenmanöver, um mit einem Schnäppchenpreis zu locken (Achtung, Verschwörungstheorie)?

Ein strategischer Investor

Nach sieben Jahren war die Hafenmilliarde aufgezehrt, und HPA und HHLA brauchen weiterhin Kapital. So suchte der Senat (SPD/GRÜNE) insgeheim einen strategischen Investor, und präsentierte ihn im September 2023: Mediterranian Shipping Company (MSC). MSC werde die Aktien an der Börse so weit wie möglich aufkaufen, dann werde der Senat seinen Anteil bis auf 50,1% der MSC übertragen. Mit dann nur noch zwei Eigentümern werden die HHLA von der Börse genommen und in ein schwer durchschaubares Schachtelunternehmen überführt. Dazu erklärte Finanzsenator Dressel am 13.9.2023:

"Die Mehrheit an der HHLA bleibt in den Händen der Stadt. Das Unternehmen bleibt in der Hamburger Konzernfamilie. Durch die gemeinsame Führung unter Stadt und MSC erhöhen wir die Steuerungsmöglichkeiten des Senats bei der HHLA. Die künftige Unternehmensstruktur wird dabei die partnerschaftliche Führung des Unternehmens zwischen der Stadt Hamburg und MSC ausdrücken."

Ein klares Mißtrauensvotum gegen die noch Miteigentümer der HHLA, die Streubesitzer, mit denen das Unternehmen nicht partnerschaftlich geführt werden könne. Mit dem Begriff "Konzernfamilie" nähert sich der Senat dem an, was der süditalienische Eigentümer der MSC, Capitano Aponte, unter "La Famiglia" versteht. In einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt vom 18.11.2023 bekräftigte die Mißwirtschaftsenatorin Leonhard:

"Uns ging es darum, die HHLA ganz grundsätzlich anders auszurichten als heute. Es wurde deutlich, dass sich das Unternehmen im Weltmarkt anders aufstellen muss. Es ist außerdem offenbar geworden, dass die Konstruktion als börsennotiertes Unternehmen sich für die Stadt nicht als optimal erwiesen hat."

Aktiengesellschaften sind nach Meinung von Frau Leonhard nicht optimal konstruiert. Wahrscheinlich meint sie, dass zu viele nörgelnde Kleinaktionäre stören. Sollten die nicht das "großzügige" Angebot von MSC annehmen, sollen sie nach dem Willen von Senat und MSC einem "squeeze-out" unterworfen werden. In den letzten Tagen vor der Hauptversammlung am 13.6.2024 versuchte MSC wohl mit Preisen bis 18 Euro, ihren Anteil aufzustocken, damit es reicht. Mit 95% der Anteile können Eigentümer den Rest der Aktionäre zum Verkauf zwingen. So geht Enteignung auf kapitalistisch.

Unter Privateigentümern mag das Aktienrecht einen "squeeze-out" erlauben, aber darf der Staat das? Es geht hier ja nicht um eine Verstaatlichung zum (zweifelhaften) allgemeinen Wohl, wie bei den Grundstücken zwecks Hafenerweiterung. Dafür war eine Ermächtigung durch Gesetz der Bür­gerschaft erforderlich. Die HHLA dagegen soll bis auf ein Minimum entstaatlicht werden, zu Guns­ten eines ausländischen Privatunternehmens.

Verfassungsmoral

Das Denken und Handeln des Senats steht im krassen Gegensatz zur hamburgischen Verfassung. In der Präambel heißt es:

"Durch Förderung und Lenkung befähigt sie ihre Wirtschaft zur Erfüllung dieser Aufgaben und zur Deckung des wirtschaftlichen Bedarfs aller. Auch Freiheit des Wettbewerbs und genossenschaftliche Selbsthilfe sollen diesem Ziele dienen."

Nicht der wirtschaftliche Bedarf aller HamburgerInnen wird gedeckt, sondern der eines auswärtigen Unternehmens. Die Umwandlung der HHLA in eine Genossenschaft wurde nicht einmal erwogen. Darüber mitbestimmen sollen die HamburgerInnen weder politisch noch wirtschaftlich (sofern man das Aktienstimmrecht als wenn auch nur schwache Form der Demokratie bertrachtet). Dagegen fordert die Verfassung:

"Um die politische, soziale und wirtschaftliche Gleichberechtigung zu verwirklichen, verbindet sich die politische Demokratie mit den Ideen der wirtschaftlichen Demokratie."

RdE ruft die Aktionäre auf: Verteidigt euer Eigentum, so lange es geht

RdE fordert von den Abgeordneten der Bürgerschaft: Stimmt gegen den Verkauf der HHLA an MSC!

RdE rät allen HamburgerInnen: Wählt im nächsten Jahr nur verfassungstreue Bürgerschaftsabgeordnete!

So ging's weiter

Dieser Text wurde auf der öffentlichen Anhörung im Haushaltsausschuss der Bürgerschaft am 11.Juni 2024 vorgetragen. Neben Vertretern der Oppositionsparteien und Umweltschutzorganisationen kritisierten viele Hafenbeschäftigte den Deal. Meist waren sie Mitglied der Gewerkschaft, häufig auch der SPD. Der Vorsitzende des Ausschusses Mathias Petersen (SPD) hatte schon vorher angekündigt, gegen das Geschäft zu stimmen. Ansonsten stand aber die rot-grüne Mehrheit.
Das Plenum der Bürgerschaft beriet am 10.Juli 2024 und verabschiedete mit den Stimmen von SPD und Grünen die Vorlage. Üblich ist eine endgültige zweite Lesung nach einer Woche, doch das verhinderten die CDU und die LINKE. Über den Geschäftsordnungs-Trick mit der 2.Lesung hinaus beantragte die LINKE, der Senat möge das Volk befragen, also von sich aus ein Referendum durchführen. Das lehnten SPD und GRÜNE aber ab. Dazu der Vorsitzende der grünen Bürgerschaftsfraktion, Dominik Lorenz (lt. Bericht des Hamburger Abendblatts): „eine absurde Idee“, zu so einer komplexen Fragestellung das Volk befragen zu wollen.
Auch bei Bürgermeister Tschenscher sind die Nerven angegriffen. "Wenn man jetzt diese für den Hafen so wichtige Kooperation einfach gemeinsam mit der Linkspartei und der AfD blockiert, dann ist das kein Beleg für Regierungsfähigkeit“, hielt er der CDU vor (HA 23.8.24). So geht Populismus! Tschenscher jubelt der CDU Gemeinsamkeit mit radikalen Parteien unter. Dabei macht die AfD sich keine gedankliche Mühe mit Hafenpolitik, sondern fährt nur auf dem Trittbrett mit. Stichhaltige Argumente werden vor allem von der Linken, der Gewerkschaft, und Hafenexperten erarbeitet. Einer von diesen ist der ehemalige Staatsrat G. Bonz, den die SPD seinerzeit als besonders regierungsfähig in die Wirtschaftsbehörde holte.

Der Vorgang wird am 4.September 2024 im Plenum der Bürgerschaft fortgesetzt.


schnappfisch

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