Flussvertiefungen, Deicherh�hungen, neue Kajen � keine
Wertsch�pfung, keine Jobs
Der Hafenausbauwahn geht weiter
Von Herbert Nix
Dieser Text erschien zuerst in der Zeitschrift "Waterkant", Mai
2004UmschlagsrekordeHafenerweiterer, Flussvertiefer und Tiefwasserhafenbauer konnten sich in den vergangenen Jahren auf die Schultern klopfen: Einen Umschlagsrekord nach dem n�chsten konnten sie vermelden Und so ist es nicht verwunderlich, dass Politiker, Reeder, Hafenumschlagsfirmen und gar Schiffsmakler ihre Aus- und Neubauprojekte schnellstens verwirklicht haben wollen.Das Planfeststellungsverfahren f�r den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven soll im April dieses Jahres beginnen. Der Hamburger Senat hat beim Bundesverkehrsministerium Anfang des Jahres eine weitere Elbvertiefung um 1,50 Meter beantragt. F�r alle Projekte soll der erste Spatenstich im n�chsten Jahr erfolgen. Parallel beginnt noch in diesem Sommer zwischen Bremerhaven und Bremen eine Deicherh�hung um bis zu 1,60 Meter � angeblich wegen Klimawandels, tats�chlich aber als Vorbereitung f�r die geplante Unterweservertiefung auf bis zu elf Meter. Und die Au�enweser soll im Zuge des ebenfalls geplanten weiteren Ausbaus von Bremerhavens Containerterminal (CT IV) ebenfalls erneut von Baggern heimgesucht werden. Von der im November 2000 vereinbarten Hafenkooperation zwischen Bremen und Hamburg ist � abgesehen von der Unternehmensgruppe Eurogate/Eurokai � l�ngst nicht mehr die Rede. Niedersachsen und Bremen suchen h�nderingend nach Investoren f�r den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven. Als Argumente dienen den Ausbaufetischisten die Gr��enentwicklung der Containerschiffe und der erw�hnte Containerumschlagszuwachs. Die Hamburger Beh�rde f�r Wirtschaft und Arbeit (BWA) nimmt dies zum wiederholten Male zum Anlass, die n�chste Elbvertiefung anzugehen: "Die Gr��enentwicklung der Containerschiffe hat seit dem (Anmerkung der Red.: der letzten Elbvertiefung 1999) keinen Stillstand erfahren, so dass heute immer mehr Schiffe mit einem maximalen Tiefgang von 14.50 Meter und einer Tragf�higkeit von mehr als 8000 Standardcontainern in Dienst gestellt werden. Containerschiffe dieser Gr��enordnung werden k�nftig als Lastesel in der f�r den Hamburger Hafen besonders wichtigen Ostasienfahrt eingesetzt" (1). Der Vorsitzende der Vereinigung der Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten, Thomas Rehder, hat eine viel simplere Begr�ndung f�r die Elbvertiefung: �Mehr Umschlag bedeutet mehr Verkehr und gr��ere Schiffe" (2). Die derzeit gr��ten Containerschiffe der Welt von Hapag-Lloyd mit einer Stellplatzkapazit�t von mehr als 8000 Containern und einem Konstruktionstiefgang von 14,50 Meter laufen Hamburg bereits jetzt an. Anfang 2006 wird die koreanische Samsung Werft das erste von sechs Containerschiffen mit 9500 Stellpl�tzen und einem Konstruktionstiefgang von mehr als 15,00 Metern abliefern. �ber weitere Gr��enentwicklungen wird seit Jahren spekuliert. Beim Logistik-Kolloquium der Technischen Universit�t Hamburg am 4. M�rz 2004 rechnete Professor Jens Froese, Leiter des Forschungs- und Entwicklungsbereiches Seetransport und Schiffsf�hrung an der Hamburger Hochschule f�r Angewandte Wissenschaften, gar mit Schiffen f�r bis zu 14.000 Standardcontainern. Um die Containerschiffe wirtschaftlich rentabel einsetzen zu k�nnen, fordern die Reeder von den Schiffbauern eine Reisegeschwindigkeit von 25 Knoten (46,3 km/h). F�r die jetzigen Containerriesen reicht daf�r eine Hauptmaschine. Gr��ere Schiffe m�ssen dann wohl mit zwei Maschinen ausger�stet werden. Und ob die dann aber noch wirtschaftlich fahren k�nnen, ist bis heute fraglich. Diese k�nftig gr��ten Containerschiffe der Welt werden aber laut Froese keine europ�ischen H�fen mehr anlaufen. "Sie werden zwischen der Westk�ste der USA und Asien fahren", meint Froese (2). Entscheidend ist aber auch nicht der Konstruktionstiefgang der Schiffe, sondern deren tats�chlichen Tiefg�nge. Und die sind abh�ngig von den Ladungsgewichten der Container und der Anzahl von Leercontainern, die immer mittransportiert werden. Der maximale Konstruktionstiefgang wird aus vorher genannten Gr�nden eigentlich nie erreicht. Jubel auch allerorten �ber Rekorde im Containerumschlag und beim Gesamtumschlag. In Hamburg stieg der Containerumschlag in 2003 gegen�ber dem Vorjahr um 14,2 Prozent. Die Zahl der umgeschlagenen Standardcontainer (TEU) hat im Hamburger Hafen in den Jahren 1990 bis 2003 von zwei auf 6,1 Mio. zugenommen, also um stattliche 305 Prozent! Bremerhaven kam im gleichen Zeitraum auf 253 Prozent. Doch Vorsicht mit Statistiken und Wachstumsraten. Das Statistische Landesamt Hamburg ver�ffentlicht diverse Berichte �ber den Hafenumschlag, so auch Sonderberichte, in denen der Umschlag nach Fahrtgebieten und Ladungsaufkommen aufgef�hrt wird. Diese Statistik bezieht sich auf den G�terverkehr �ber See des Hafens Hamburg, das hei�t, gez�hlt wird der Empfang s�mtlicher gel�schter G�termengen, die auf dem Seeweg angekommen sind, und der Versand der gesamten seew�rtigen Verladungen. Ein immer gr��erer Teil der Container wird dadurch doppelt gez�hlt. Statistik-Tricks
Deutlich wird dies am folgenden fiktiven
Beispiel: Ein
Riesencontainerschiff aus Hongkong liefert zum Beispiel 2000 TEU am
Terminal
ab. Ein kleiner Teil bleibt in Hamburg (angenommen: 100 TEU), ein Teil
der
Kisten wird per Bahn (400 TEU) und Lkw (700 TEU) ins Binnenland
abgefahren, und
der Rest (800 TEU) wartet am Kai auf die kleinen Feederschiffe, die
diese
Container auf die H�fen an Nord- und Ostsee verteilen sollen. Der
Seeg�terumschlag wird � nach diesem Beispiel � dann mit 2800 TEU in der
Statistik verbucht. Wie gro� die Anzahl der doppelt gez�hlten Container
ist
l�sst sich nicht genau ermitteln. Aus einem Container, der von einem
Riesencontainerschiff entladen und anschlie�end f�r den Weitertransport
in die
H�fen der Nord- oder Ostsee auf ein Feederschiff geladen wird, werden
also in
der Statistik zwei.F�r jeden Hafen am wertvollsten ist der Anteil Container, die hier gepackt werden und deren Ware hier abgefertigt, bearbeitet, gehandelt, konsumiert oder weiterverarbeitet wird. Der Binnenlandtransport besch�ftigt schon deutlich weniger Menschen, vom Z�llner bis zum Lokf�hrer. Das Umladen von �bersee- auf Feederschiff indes ist die Form des Hafenumschlags, die am wenigsten Wert schafft. Nur wenige Minuten hochrationalisierte Arbeit werden hineingesteckt. Dieser Bereich ist aber seit 1990 am st�rksten gewachsen. Vor allem aus dem Ostseeraum bringen Feederschiffe die Ware zur Drehscheibe Hamburg. So verkommt ein Hafen zur "Containerschleuse" ohne nennenswerte Wertsch�pfung. Nicht nur gemogelt, sondern glatt gelogen wird mit der Statistik, weil innerhalb des Hafens mit Schiffen bewegte Container dem Seeverkehr untergeschoben werden. Das Terminal Altenwerder berichtete �ber das erste Betriebsjahr, es seien schon 500.000 TEU umgeschlagen worden. Das wurde mit 111 �berseeschiffen und 2070 (!) Feederschiffen bewerkstelligt. Da es mit dem vollautomatischen Betrieb zwischen Kai und Stauraum hapert, werden Feederschiffe innerhalb des Hamburger Hafens zwischen den Terminals Altenwerder und Waltershof eingesetzt, weil nur auf dem alten Terminal die Kisten weiter abgefertigt werden k�nnen. Auch bei der Angabe des Containerumschlags in Millionen Tonnen wird �brigens kr�ftig gemogelt: In den Mengenangaben der Hamburger Statistiken sind im Gegensatz zur Bundesstatistik auch die Eigengewichte der beladenen und unbeladenen Container enthalten. Immer mehr TEU sind nicht gleichzusetzen mit einer stetigen und nachhaltigen �konomischen Hafenentwicklung. Kleinste Kostenvorteile k�nnen den Umschlag von �bersee- auf Feederschiffe in andere H�fen abziehen. Der Tiefwasserhafen Wilhelmshaven wird zu keinem anderen Zweck geplant, denn seine Hinterlandanbindung wird im Vergleich zu Hamburg j�mmerlich sein. In nicht allzu ferner Zukunft wird das Frachtaufkommen in den baltischen H�fen �berseeschiffe anziehen, so dass das Umladen in Hamburg wegf�llt. �hnliches gilt f�r den zweiten gro�en deutschen Containerhafen: Schon heute liegen trotz anhaltenden Booms an den neueren Kajen-Metern CT II-IIIa (und hier vor allem bei NTB, dem Gemeinschaftsunternehmen NTB der Reederei Maersk�SeaLand und der Eurogate-Gruppe) die �lteren Teile der Seekaje brach. Soeben sind dort die Containerbr�cken abgebaut und verkauft worden, von einer Nachr�stung mit modernen Br�cken ist aber bislang nicht die Rede, denn zuvor m�sste die teilweise marode Kaje saniert werden. Trotzdem wird mit viel politischem und propagandistischem Druck die Ausbaustufe CT IV geplant, die dann vermutlich in direkte Konkurrenz zu Wilhelmshaven treten kann. WachstumswahnSowohl der Hamburger als auch der Bremer Senat richten in ihrem Wachstumswahn die H�fen auf unrealistische Ziele aus. Dies f�hrt nicht nur die beiden Bundesl�nder in eine finanzielle Krise (Bremen steckt ja sowieso schon drin), sondern zerst�rt die Umwelt und die Existenz von Menschen, die von einer intakten Umwelt abh�ngen. Und Arbeitspl�tze schaffen moderne Kajen eh nicht, das hat Altenwerder gezeigt (siehe unten).Die Vertiefung der Au�en- und Unterweser ist bereits im vergangenen Jahr in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurden und an der Umsetzung wird flei�ig gearbeitet (siehe oben). Hamburg hat den Termin zur Einreichung nicht einhalten k�nnen und den Antrag im Februar 2004 gestellt. Notwendig daf�r ist eine Machbarkeitsstudie, in der die Umweltrisiken und die volkswirtschaftlichen Nutzen und Kosten betrachtet werden. Im Gegensatz zur bislang letzten Elbvertiefung, als bereits im Vorfeld der Untersuchungen die Pro- und Kontra-Akteure unterrichtet und beteiligt wurden, ist jetzt von Seiten der Betreiber Schweigen angesagt. Mit anderen Worten, die Machbarkeitsstudie zur geplanten Elbvertiefung wird geheim gehalten. Dass aus der Sicht der Hamburger Wirtschaftsbeh�rde die erneute Elbvertiefung "technisch realisierbar, volkswirtschaftlich rentabel und �kologisch vertretbar" (1) ist, war nicht anders zu erwarten. Selbstredend wird auch durch "einen weiteren Fahrrinnenausbau die Sicherheit hinter den Deichen in keiner Weise gef�hrdet" (ebda.). Gleichwohl sind die Auswirkungen der j�ngsten Elbvertiefung � f�r die ein umfangreiches Beweissicherungsverfahren angeordnet worden war � l�ngst nicht hinreichend bekannt. Selbstverst�ndlich wird in diesem Zuge auch wieder die wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Bedeutung des Hamburger Hafens hervorgehoben. Nach Angaben des soeben in seinem Amte best�tigten CDU-Wirtschaftssenators Gunnar Uldall ist der Hafen "(...) ein zentraler Wirtschaftsmotor f�r Hamburg und ganz Norddeutschland" (ebda.). Was davon zu halten ist, zeigt das bereits erw�hnte Beispiel Altenwerder: Auf dem dortigen Containerterminal sollten nach den Versprechungen der Hamburger Wirtschaftsbeh�rde, wie seinerzeit behauptet wurde, rund 4000 neue Arbeitspl�tze entstehen. Knappe 300 sind es geworden! Dieselben Argumente werden an der Weser und an der Jade breitgetreten, glaubw�rdiger werden sie damit nicht: Die Zeche zahlen nicht die Reeder und Umschlagsbetriebe, die das bestellt haben und davon profitieren, sondern der Steuerzahler! Anmerkungen: 1. Beh�rde f�r Wirtschaft und Arbeit (BWA), Hamburg: Pressemitteilung vom 23. Februar 2004. 2. �Hamburger Abendblatt" vom 05.03.2004 Webseite erstellt Juni 2004 update Oktober 2004 ![]() ![]() ![]() |
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»Rettet die Elbe« eVNernstweg 22, 22765 Hamburg, Tel.: 040 / 39 30 01, foerderkreis ![]() |
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